Preisfrage
In der
Originalgrafik (rechts) hatte sich damals ein kleiner Fehler eingeschlichen,
der zunächst keinem aufgefallen war. Erst in späteren Abwandlungen
des Motivs wurde der Fehler von Erich Graf „stillschweigend“
korrigiert. Wer findet die kleine sachliche Unrichtigkeit?
(Lösung: scrollen Sie die Seite einfach ganz
nach unten oder lesen Sie den nebenstehenden Text)
Etwas für die historisch
Interessierten:
Ansichten oder
Panoramen historisch bedeutender oder landschaftlich reizvoll
gelegener Orte gibt es viele: gezeichnet, gemalt, in Holz
geschnitten, in Kupfer- oder Stahl gestochen oder fotografiert.
Abgesehen von einigen künstlerischen Einzeldarstellungen sind diese
Abbildungen in der Regel in den jeweils zeitgenössischen Techniken
vervielfältigt und verbreitet worden. Das lag in der Natur der
Sache: sollten sie doch einem möglichst großen Kreis von Menschen
mit den Schönheiten oder der Bedeutung der jeweiligen Lokalität
bekannt machen. Als grafische Einzelblätter oder als Abbildungen und
Tafelbeilagen in Büchern fanden sie weite Verbreitung. Am Ende des
19. Jahrhunderts kam ein weiteres Medium hinzu, das die Ausbreitung
derartiger Ansichten massenhaft förderte: die Postkarte. Sie
eröffnete jedem die Möglichkeit, die Sehenswürdigkeiten eines
Ortes weithin bekannt zu machen.
Heutzutage haben
sich viele Kommunen eine (meist stilisierte) Ansicht gestalten
lassen, die bei allen öffentlichen Auftritten sichtbar ist und z.B.
die Briefbögen oder die Webseiten im Internet ziert. Dieses Signet,
oft auch in Verbindung mit einem Leitspruch, repräsentiert zusammen
mit dem Stadt- oder Ortswappen als sog. "Bildmarke" eine Kommune. Gefördert durch die touristische Erschließung von Städten,
Ortschaften und Landschaften gibt es in heutiger Zeit kaum noch eine
landschaftlich oder architektonisch ansprechende Region, die nicht
mit einer Ansicht als Erkennungs- oder „Markenzeichen" für ihren
Ort oder Region wirbt.
Mit der Zeichnung
von Erich Graf gehörte Gimbsheim mit zu den ersten Kommunen, die
über ein solches Markenzeichen verfügten.
Eine Frage, die man
sich am Schluss noch stellen kann: existieren außer den Zeichnungen
und den Bildern von Erich Graf weitere Ansichten oder Panoramen von
Gimbsheim?
Auf einigen alten Postkarten ist eine Ansicht
des Altrheinortes abgebildet. Dabei
handelt es sich
allerdings um eine Fotografie.
Darüber hinaus ist nur eine grafische Ansicht von Gimbsheim
bekannt. Vielleicht zugleich die älteste überhaupt. Sie
befindet sich, winzig klein, auf einem Merian-Stich aus dem 17.
Jahrhundert, der den Rheinübergang des Schwedenkönigs Gustav Adolf
darstellt.
Denkbar, dass noch weitere gezeichnete
Ansichten existieren. Dieser Frage
einmal nachzugehen, ist vielleicht ein lohnendes Forschungsprojekt
für Lokalhistoriker. Ansonsten ist die
Grafik von Erich Graf die
einzige gezeichnete Ansicht von Gimbsheim mit öffentlicher
Relevanz.
Nachtrag zur
Preisfrage:
Haben Sie den
Fehler gefunden? Wenn nicht - hier noch eine kleine Hilfestellung in Form eines von
Erich Graf sehr geliebten Sinnspruches: Dem Glücklichen schlägt
keine Stunde oder mit einer bekannten Comic-Figur zu sprechen: Wer hat an
der Uhr gedreht?
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Gimbsheim war die
erste rheinhessische Gemeinde mit einem "Logo"
Wer in Gimbsheim kennt sie nicht, die
Zusammenstellung der Charakteristika seines Heimatortes, mit dem
Ortswappen und dem Schriftzug „1200 Jahre Gimbsheim am Rhein“ oder
hat sie nicht schon irgendwo gesehen: auf Broschüren und Drucksachen
der örtlichen Vereine und Parteien, auf den Titelseiten der
Amtsblätter, auf Weingläsern, während des Kerbeumzuges als gemalte
Rückfront des Wagens der Kerbeprinzessin, als Gemälde im
Weinprobierkeller oder im Rathaus ...? Vor über dreißig Jahren wurde der
Originalentwurf von Erich Graf gezeichnet.
Dass ein kleiner Ort wie Gimbsheim, zwar
landschaftlich durchaus reizvoll gelegen, mit einer langen
Geschichte und mit einigen schönen Bauwerken bestückt, aber
ansonsten historisch, geografisch und architektonisch von keiner
ganz so großen Bedeutung, über eine eigene grafisch gestaltete
Ansicht und in seiner stilisierten Form über ein eigenes Logo
verfügt, ist doch eher selten und stellt schon eine Besonderheit
dar. Es dürfte nicht viele Kommunen gegeben haben, die bereits Ende
der 1970er Jahre damit aufwarten konnten.
Etwas zur Entstehungsgeschichte:
Wie kam es dazu? Der Entstehungszeitpunkt lässt sich nicht auf den
Tag datieren. Aber es muss im
zeitigen Frühjahr des Jahres 1979 gewesen sein. Vorausgegangen war
eine Absprache zwischen dem damaligen Gimbsheimer Ortsbürgermeister
Ernst
Johnson und Erich Graf, die beide freundschaftlich verbunden
waren, etwas Charakteristisches zum Thema
„Gimbsheim“ zu zeichnen. Johnson mag zu diesem Zeitpunkt schon an
die bevorstehende Kommunalwahl gedacht haben, die er als
Spitzenkandidat für die Gimbsheimer SPD anführte. Was ihm fehlte, war
ein ins Auge springendes, die Verbundenheit der SPD mit dem Ort
signalisierendes Titelblatt für das obligatorische Faltprospekt, wie
es die Parteien vor jeder Wahl an alle Haushaltungen verteilen und
worin sie ihr Programm und ihre Kandidaten präsentieren.
Das Thema der Hausaufgabe war gestellt, die
Utensilien lagen bereit: Tusche, Feder und ein weißes Blatt Papier.
Was fiel einem damals zu Gimbsheim ein? Eine gedankliche Zeitreise
durch den Heimatort bringt Klarheit: Von Westen kommend, sieht man
als markante Begrenzungspunkte linker Hand den Turm der katholischen
Kirche St. Mauritus und rechter Hand den weißen Turm des
evangelischen Gotteshauses. Die zentrale Straße ist die Hauptstraße. Das Spritzenhaus in
der abzweigenden Sackgasse fällt einem sofort auf. Man kommt am Rathaus vorbei,
das älteste noch existierende Haus von Gimbsheim steht hier ganz in
der Nähe, schwenkt ein zur Großen Bleiche und gelangt
schließlich über die Brücke zu seinem gedanklichen
Ausgangsort zurück.
Was ist sonst noch charakteristisch für den Altrheinort? Der Wein. Der Rhein. Mächtige Weidenbäume. Das
Ortswappen. Und natürlich die Tatsache, dass Gimbsheim vor 1200 Jahren zum
ersten Mal urkundlich erwähnt wurde.
Das war’s auch schon. Der Künstler musste „nur“ noch
seine Gedankenbilder zu einem Gesamtbild komponieren und es
zeichnerisch umsetzen. Was folgte, war meisterliche Routine:
Skizzen, Entwürfe und dann schließlich die gekonnten Federstriche,
die das alles in der Fassung zu Papier brachten, wie wir sie heute
kennen. So einfach war das. Der Meister sah es ebenso, nahm das
Blatt und überbrachte es noch am selben Tag Ernst Johnson. Bei der
Freude über das gelungene Werk fiel nicht weiter auf, dass sich in
die Zeichnung ein kleiner sachlicher Fehler eingeschlichen hatte:
die Uhr der evangelischen Kirche. Sie ist natürlich nicht im
Mauerwerk eingelassen, wie von Erich Graf gezeichnet, sondern im
unteren Teil der Dachkonstruktion integriert. Künstlerpech! Damals
fiel das, wie gesagt, aber niemandem auf. Erich Graf hat seinen
Fehler zwar später korrigiert, aber nicht in der Originalgrafik. So
weisen bis heute alle Abdrucke, die diese zur Vorlage nehmen, die
erwähnte
kleine Unrichtigkeit auf. Das Ganze hat auch einen positiven Effekt: Bei den
Nachdrucken und Reproduktionen des Motivs fehlte oft der Hinweis auf den Urheber.
Ein Blick zur Uhr und die urheberrechtliche Frage ist geklärt.
Zur Verbreitungsgeschichte – oder wie eine Zeichnung Allgemeingut
wird
Die Zeichnung wurde zum ersten Mal veröffentlicht auf der Titelseite
des Wahlprospektes der Gimbsheimer SPD zur Kommunalwahl 1979. Aber
Ernst Johnson gefiel die gelungene Zeichnung so sehr, dass er sie
nicht nur seiner Partei, sondern der gesamten Gemeinde zur Verfügung
stellen wollte. So geriet in der Folgezeit die von Erich Graf
gestaltete Ansicht zusammen mit dem Ortswappen zum wichtigsten
repräsentativen Symbol der Gemeinde. Sie wurde z.B. mehr als
zwei Jahrzehnte lang im Amtsblatt als Kopf über die Amtlichen
Bekanntmachungen der Ortsgemeinde Gimbsheim gedruckt. Und mehr noch.
Immer dann wenn der Bürgermeister den Ort repräsentierte,
beispielsweise aus Anlass des Weinbrunnenfestes oder der Kerb,
schmückt die Ansicht von Erich Graf die Grußworte des Bürgermeisters
auf den Titelseiten des Amtsblattes oder der
Sonderveröffentlichungen in der örtlichen Presse.
Vom Werbemittel einer Partei zur Insignie des
offiziellen Gimbsheims - dieser Aufstieg konnte sich sehen lassen.
Aber damit noch nicht genug. Die Abbildung wurde
schon bald in Gimbsheim Allgemeingut. Nichts verdeutlicht dies
sinnfälliger als die Tatsache, dass fünf Jahre später, zur
Kommunalwahl 1984, die CDU die Gimbsheim-Ansicht auf die Titelseite
ihrer Wahlbroschüre setzte. Kein Vereinsjubiläum, keine
Veranstaltung der großen Gimbsheimer Vereine, die sich nicht fortan mit der
von Erich Graf geschaffenen Abbildung schmückten, von der
Jubiläumsfestschrift bis zur gesamten Bühnendekoration reichte die
Bandbreite. Die Vereine ließen damit Erinnerungsstücke bedrucken
oder gestalten. Für das Weinbrunnenfest wurden die
Festgläschen mit dem Motiv versehen.
Es
diente als Vorlage wurde für
Präsente und Festgaben und wurde auf diese Weise in Holz geschnitten, in Ton
gebrannt, auf Metall, Glas und andere Materialien aufgebracht. In
Form eines großflächigen Gemäldes zierte die Abbildung bei
Kerbeumzügen die Rückwand des Festwagens der Kerweprinzessinnen und bei Veranstaltungen die Bühnen der Vereine.
Und als Gimbsheim in den 1990er Jahren für kurze Zeit durch eine TV-Serie zu „Himmelsheim“
erhoben wurde, schmückten sich auch die „Himmelsheimer“ mit diesem
Motiv.
Selbst im
privaten Bereich findet sich die Grafik wieder. Gimbsheimer
Handwerker mit Blick fürs Künstlerische wie Ernst Kitter und Friedel
Hulbert machten sie sich zu eigen, und schufen Schnitzereien
für Fassböden,
Toreinfahrt oder Mosaike nach Erich Grafs Vorlage.
Damit war neben dem Ortswappen die Grafik von Erich Graf
das symbolische Aushängeschild von Gimbsheim und nach dem
Gemeindewappen über Jahrzehnte ihr wohl bekanntestes
Erkennungszeichen geworden. Mit dem von Erich Graf geschaffenen
Signet hatte die Altrheingemeinde lange vor vielen anderen Kommunen
gleichsam ihr eigenes „Logo“ erhalten.
Um das Jahr 1983 schuf Erich Graf eine zusätzliche grafische
Variante seiner Zeichnung, kompakter in der Darstellung, mit klaren
Linien und Formen. Auch diese Vorlage verbreitete sich rasch. Von
dieser abstraktere Form der Ortsansicht wurden u.a. Weinrömer
produziert, die sich hervorragend als Geschenk eigneten und das Bild
der Altrheingemeinde weit über deren Grenzen hinaus bekannt
machten. Eine ähnliche „touristische“ Funktion hatten „Souvenirs“ wie
Zinkteller u.ä., die man damals produziert und im Handel
verkauft wurden.
Der Künstler und
sein "Gimbsheimer Motiv"
Innerhalb seines
künstlerischen Schaffens stellen auch für Erich Graf seine Gimbsheimer Ansichten ein immer wiederkehrendes Motiv dar. Er malte es auf
Leinwand und auf Holztafeln, auf Wände, auf Milchkannen und auf
Glasflaschen, mit Bleistift und Feder ebenso wie in Öl und als
Aquarell. Das erste derartige Bildnis stammt aus dem Jahre 1980 und
wurde für die Stirnseite des Empfangsraums des
Weinprobierkellers geschaffen.
Für die offizielle "Gimbsheimer
Chronik" aus dem Jahre 1997 wurde eigens eine Federzeichnung
angefertigt.
Eine schöne Ansicht
findet sich auch in der Vereinsgaststätte des Rasse- und
Geflügelzuchtvereins „Am Bagger“ oder auf der Garagenwand seines
Anwesens in der Mozartstraße.
Das letzte derartige Gemälde schuf Erich Graf im Jahre
2000. Er vermachte es anlässlich seines 75. Geburtstages seiner
Heimatgemeinde, wo es über dem Eingang zum Ernst-Johnson-Saal seinen
Platz gefunden hat.
Die letzte
Zeichnung entstand schließlich im August 2002 für ein geplantes
Kalenderblatt. Sie konnte nicht mehr vollendet werden. Erich Graf
starb wenige Monate später am 10. Januar 2003.
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